Wenn Frau Tantra googelt, dann entsteht schnell der Eindruck, Tantra ist:
- Erotische Massage
- Gruppen- Aktivitäten mit Anfassen und mehr
- Sexueller Austausch
- Tempel Abende
Man könnte meinen, dass es im Tantra nur um Sex geht oder um den sexuellen Austausch mit verschiedenen Menschen.
Das stimmt aber nicht.
Tantra ist mehr.
So viel mehr.
Wusstest du, dass es auch asketische Traditionen im Tantra gibt? Also ohne Sex. Ganz ohne. Das ist auch Tantra.
Deswegen will ich heute mal draufschauen, was Tantra ist und was nicht ist.
Als ich Tantra gegoogelt habe und auch heute noch, wenn ich in die Tantra-Foren schaue, fühle ich mich nicht immer wohl und auch nicht angesprochen. Gerade als junge Frau und als jemand, der sehr sensitiv in meiner Sexualität ist, finde ich es nicht angenehm und wünschenswert, angemacht oder von fremden Menschen angefasst zu werden. Just not feeling it.
Es gibt ja Menschen, die das gut finden. Fair enough. Aber ich halt nicht.
Jetzt praktiziere ich Tantra als spirituellen Weg schon ein paar Jahre. Wie geht das, wenn ich die oben genannten Optionen eigentlich gar nicht soooo gut finde?
Tantra without meditation is not Tantra- Ma Ananda Sarita
Tantra nicht in Gruppen (alleine) und ohne Partner- geht das?
Das wurde ich letztens gefragt. Die Antwort ist: ja, klar! Sehr gut sogar.
Seit 7 Jahren bin ich nun auf dem spirituellen Weg des Tantra und den Großteil davon hatte ich keinen Partner in irgendeiner Form. In meinem Teacher Training waren wir zwar als Gruppe unterwegs, aber auch davor und danach habe ich die Teachings eher für mich alleine praktiziert. Für mich war das enorm hilfreich. Beizeiten bin ich einem eher meditativen Weg nachgegangen, also ohne die Beschäftigung mit sexueller Energie und es gab Zeiten, da habe ich mich sehr intensiv mit meiner sexuellen Energie beschäftigt. Davon war auch nicht alles Lust und Freude- im Gegenteil, viel Zeit habe ich investiert, mich mit meinen Emotionen und den Basis- Bedürfnissen meines Körpers auseinanderzusetzen: mich sicher zu fühlen, meinen Körper so zu lieben, wie er ist, mich mehr zu lieben, wie ich bin.
Das ist nämlich das Geschenk, das Tantra uns als spirituellen Weg macht.
Tantra ist ein spiritueller Weg, der alles als göttlich anerkennt. Körper, Geist, Welt, Kosmos. Ein ewigwährender Tanz aus Energie und Bewusstsein. Shiva und Shaki, im kosmischen Tanz des Werden, Vergehen und der Stille.
Tantra ist ein Weg, der aktiv mit Energie arbeitet. Energie ist Energie- es gibt kein gut oder schlecht aber jede Energie braucht einen anderen Umgang. Dichte Emotionen wie Wut oder Enttäuschung sind genauso willkommen wie Freude oder Liebe. Die Tantrika lernt, mit allen umzugehen. Denn alles ist eine Manifestation des Göttlichen.
Es geht nicht darum, etwas zu überwinden, sondern es mit Totalität lieben zu lernen. Dieses göttliche Spiel, Leela, zu integrieren und sich als Mensch und Göttin zu erkennen. Beides, nicht voneinander getrennt. Eins. Das nennt man Non- Duality.
Nicht- Duale Wege- also Wege- die non- duality leben und darauf basieren haben die Annahme, dass alles eins ist. Weltliches und Göttliches sind nicht getrennt. Das ist Tantra. Im Tantra können wir diese Annahme überprüfen und eigene Erfahrungen machen. Tantra ist ein mystischer Weg. Ein Weg, des selbst sehen und erkennen.
Es gibt spirituelle Wege- sehr schöne spirituelle Wege- die das eben nicht tun. Dort ist die Welt eine Illusion, die es zu überwinden gilt. Das ist im Tantra nicht der Fall.
Deswegen findet im Tantra alles seinen Platz, und deswegen gibt es in einigen Traditionen auch Techniken und Methoden zum Umgang mit sexueller Energie. Weil sexuelle Energie eine fundamentale Lebenskraft im Menschen ist und ein enormes Potenzial hat, wenn wir sie für die Selbsterkenntnis nutzen. Aber um es anschaulich zu halten, die Methoden, die sich mit sexueller Energie beschäftigen, machen ca. 3-4 % des gesamten Body of Work im Tantra aus.
Bei uns im Westen scheint der sexuelle Aspekt aber immer vorne zu stehen- warum?
Ich glaube das ist der Fall, weil wir auf so vielen Ebenen sexuell vernachlässigt sind und einfach eine tiefe Sehnsucht haben, diesen Teil zu integrieren und auszuleben. Dabei kann uns sexuelles Tantra helfen. Selbst wenn wir sexuelles Tantra praktizieren, ist es wichtig, sich immer vor Augen zu halten, dass es ein spiritueller Weg ist. Wenn in einem Tantra -Seminar oder Angebot der meditative Teil fehlt, ist es kein Tantra. Das ist eine einfach Daumenregel, die meine Tantra- Lehrerin Sarita immer und immer wieder gibt.
Abgesehen davon hat Tantra viele Gesichter und Spielformen. Grundlegend in allen ist, dass es ein Pfad der Nicht- Dualität ist. Auch, dass es ein Weg ist, der aktiv Energien für die Selbsterkenntnis benutzt. Alle sind spirituelle Wege, die uns zur Meisterschaft führen: spirituelle Selbsterkenntnis.
In diesen vielen Formen und Gesichtern wirst du spirituelle Linien finden, die ausschließlich mit Energien arbeiten z.B. in Form von Yantra und Mantra. Du wirst Linien finden die moderne, psychotherapeutische Methoden mit einbezieht. Du wirst Linien finden, die sehr stark auf das spirituelle Herz ausgerichtet sind und sich deswegen ganz weich und liebevoll anfühlen. Andere Linien integrieren alle Energien gleichermaßen und fühlen sich sehr vielfältig an.
Welche Linie und Lehrer du wählst und welche dir auf deinem Weg entgegenkommt, hängt sicherlich von deiner Resonanz ab und was du dir in diesem Leben wünscht . Alle haben eine Schönheit in sich.
Ich persönlich schaue mir auf meiner Reise immer die verschiedenen Lehrer und Traditionen an. Ich bin neugierig, in verschiedenen Schulen zu lernen. Gerade im Moment unterrichte ich Tantra in einer Linie, die eher moderner ist und auch psycho- spirituelle Aspekte einbezieht wie das aktive Arbeiten mit Emotionen. Meine spirituelle Linie, in der ich mich zu Hause fühle, ist allerdings keine klassische Tantrische, sondern kommt aus dem esoterischen Christentum. Das sieht von außen vielleicht paradox aus, ist aber für mich in einer tieferen Betrachtung sehr stimmig. Und was soll ich sagen, ich liebe Jesus einfach sehr.
Meine Lehrer hat das Leben mit gebracht. Manchmal habe ich aktiv gesucht und ausprobiert. Manchmal wurde es mir angeboten- durch eine Freundin, in einem Gespräch. Ich bin dann immer diesem intutiven Nudge nachgegangen. Dieses feine und subtile Gefühl, dass da was für mich ist. Ich bin auch durch viele Widerstände und Zweifel gegangen. Auch das gehört zum Weg.
Ich hoffe, meine kleine Ausführung hat dir einen tieferen Einblick in Tantra gegeben und ich wünsche mir für dich, dass du Lehrer und Practitioner auf dem Weg findest, die diesen wunderschönen spirituellen Weg mit Liebe, Tiefe und Integrität vermitteln.